Novellierung des Mitarbeitervertretungsgesetzes – quo vadis?
Der Gesamtausschuss der Diakonie Bayern setzt sich ein für ein Stärkung der Rechte der MAVen.
Bereits nach der letzten Tagung der Synode der EKD im November letzten Jahres zeichnete sich ab, dass eine erneute Änderung des MVG-EKD auf den Weg gebracht werden soll. Zum einen stehen die beiden großen Kirchen unter Legitimationsdruck, da die Bundesregierung im Koalitionsvertrag eine Prüfauftrag festgeschrieben hat, inwiefern das kirchliche dem staatlichen Arbeitsrecht angeglichen werden kann. Zum anderen gibt es im MVG auch eine Reihe praktischer Probleme, die es den Interessenvertretungen in der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie schwer macht ihrem gesetzlichen Auftrag nachzukommen. Abgesehen davon bleiben natürlich einige Rechte und die Ressourcen der MAVen hinter dem staatlichen Recht zurück.
Bereits im Sommer 2021 hatte Prof. Jacob Joussen auf der Delegiertenversammlung unserer Kolleg:innen vom GA Kirche auf den notwendigen Reformbedarf hingewiesen. Deshalb hatten wir uns schon frühzeitig eine Arbeitsgruppe gebildet. Auch auf der Bundesebene haben wir das Thema Novellierung schon frühzeitig in die Buko eingebracht und auch in der dortigen AG mitgearbeitet. Und letzten Sommer haben wir mit einer Eingabe an die Synode einen Vorstoß unternommen, das skandalös schlechte Recht der Vertretungen der Jugendlichen und Auszubildenden (JAVen) zu verbessern. Der Vorstoß traf auf Sympathie – und es gab die Absichtserklärung das MVG binnen Jahresfrist – also in Rekordtempo – überarbeiten zu wollen.
Anfang April wurde nun vom Kirchenamt der EKD das offizielle Stellungnahmeverfahren zur Änderung des MVG-EKD eingeleitet. Bis zum 30.06. waren verschiedene Beteiligte nun aufgefordert entsprechende Kommentierungen und Änderungswünsche einzubringen. Diesem Aufschlag lag ein erster Entwurf bei. In einer ersten Stellungnahme haben wir geschrieben, dass wir den Mut zu größeren Änderungen dort vermissen, wo das kirchliche Mitbestimmungsrecht nach wie vor hinter dem staatlichen Recht zurückbleibt. Nach mehrmaligem Lesen steigt aber der Ärger und das Unverständnis. Es sind kleine Verbesserungen geplant, aber an anderer Stelle sollen dafür Rechte beschnitten bzw. zurückgefahren werden. So soll die Entscheidung des Kirchengerichtshofs zu den Bruttolohnlisten durch eine erheblich beschränkende Regelung zur Einsichtnahme ausgehebelt werden. Es liest sich fast so, dass es für einige Zugeständnisse an die Mitarbeitervertretungen auch einige Geschenke für die Arbeitgeber geben muss.
Detailverbesserungen sind zwar erkennbar, so zum bei der Normierung der Mitbestimmung bei Homeoffice und mobiler Arbeit. Aber substanzielle Probleme wie die Zustimmungsfiktion nach zwei Wochen bei der (vollen) Mitbestimmung in den §§ 39 und 40 MVG werden nicht angepackt. So bleiben die Möglichkeiten der MAVen hinter denen von Betriebsräten zurück.
Was aber nun fordern wir konkret? Hier einige Beispiele:
- In den §§ 6 und 6a MVG braucht es bessere und klarere Regelungen, wie Gesamt-MAVen und für Unternehmensgruppen Gesamt-MAVen im Dienststellenverbund gebildet werden können.
- Im § 19 MVG fordern wir, dass die Mitglieder der Mitarbeitervertretung nicht schlechter gestellt werden als andere Mitarbeiter*innen. Somit sollen die Mitglieder der MAVen, auch wenn sie freigestellt sind, die Karriereleiter hochklettern. Genau wie ihre Kolleg*innen aus dem Betrieb. Die MAV Tätigkeit soll kein Hindernis in der beruflichen Entwicklung sein. Auch nicht beim Gehalt.
- In § 42 Buchst. f MVG müssen Umsetzungen auch ohne Ortswechsel der eingeschränkten Mitbestimmung unterliegen. Es ist nicht akzeptabel, dass z.B. sich in größeren Städten der Arbeitsweg um 30-40 Minuten verlängert, ohne dass die MAV mit drüber schauen muss, ob das rechtens ist. Unser Vorschlag entspricht dann ungefähr dem Beteiligungsrecht von Betriebsräten bei Versetzungen.
- Der § 49 MVG soll grundsätzlich geändert werden, da in der jetzigen Form es kaum eine Möglichkeit gibt eine JAV zu wählen oder falls eine JAV vorhanden ist, diese auch nachhaltig im Betrieb zu verankern. Wir wollen, dass die Jugendliche und Auszubildende die Betriebe mitgestalten, damit ihre Zukunft in der Diakonie attraktiver wird.
- Die Freistellungsregelungen für SBVen in § 52 MVG sind an das staatliche Recht im SGB IX anzugleichen.
Es liegt noch viel Arbeit vor uns, um das MVG substanziell zu verbessern. Wenn dieses nicht gelingt und die evangelische Kirche hier nicht die Notwendigkeit erkennt, dann stellt sich zu Recht die Frage, ob für diakonische Arbeitgeber das Betriebsverfassungsgesetz zur Anwendung zu bringen. Als GA Diakonie arbeiten wir regemäßig daran deutlich zu machen, dass nur ein starkes Recht für die MAVen mit dem Anspruch der evangelischen Kirche auf Selbstbestimmung und Partizipation in Einklang zu bringen ist. Unsere vollständige Stellungnahme könnt ihr hier herunterladen.